Alles so schön kuschelig
Sie fühlt sich an wie ein weicher Kaschmirpullover, wie ein Eis an einem warmen Sommertag am Meer, wie ein vertrautes liebgewonnenes Spielzeug- unsere Komfortzone. Wir fühlen uns in ihr so wohl, dass wir am liebsten immer dort bleiben möchten. Für eine gewisse Zeit ist das auch vollkommen in Ordnung. Wir brauchen Rituale und festgelegte Strukturen in unserem Leben. Wenn es allerdings darum geht, sich auf Neues einzulassen, die vertrauten Pfade zu verlassen, bleibt uns nichts anderes übrig, als den sicheren Heimathafen zu verlassen. Die Angst vor dem Neuen, die Befürchtungen, ein Risiko einzugehen sind nur zu verständlich. Schließlich wissen wir nicht, was uns erwartet. Vielleicht scheitern wir ja? Könnte sein. Aber immer im Vertrauten zu verharren lähmt unsere Lebensenergie.
Für jeden von uns ist die Komfortzone anders. Vor meinem ersten öffentlichen Auftritt hatte ich mächtig Bammel. Ich sollte einen Vortrag halten und hätte ihn am liebsten abgesagt, je näher der Termin rückte. Und ich muss gestehen, ich habe ihn abgesagt. Es dauerte viele Monate, bis sich wieder einmal die Möglichkeit für einen Vortrag ergab. Meine Aufregung war so groß, dass mir fast die Stimme wegblieb. Ich war gut vorbereitet und hatte auf (fast) jede Frage eine Antwort parat. Dachte ich. Der Vortrag lief wunderbar über die Bühne, ich konnte hinterher durchatmen und war einigermaßen stolz auf mich. Mittlerweile gelingen mir solche Vorträge und Reden ziemlich gut, ich bekomme tolles Feedback und werde auf meine angenehme Stimme angesprochen. Das was ich befürchtet hatte traf einfach nicht ein. Ich hätte vorher nicht gedacht, dass das mein Ding ist.
Jeder von uns hat Ängste, sie gehören zu unserer Persönlichkeit, auch wenn wir in anderen Bereichen souverän und strahlend sind. Jeder von uns hat aber auch die Bereitschaft, Neues in sein Leben einzubinden. Allerdings ist diese Bereitschaft unterschiedlich ausgeprägt und scheint mit dem Alter nachzulassen. Kreative und unabhängige Menschen begreifen ihre Komfortzone viel eher als Einschränkung und sind eher bereit, neue Erfahrungen zu machen. Wie fühlt es sich an, unsicher zu sein? Wie ist das, nicht genau zu wissen, wie etwas ausgehen wird, was hinter dem nächsten Erlebnis auf uns wartet? Wenn wir unser Leben auch mal infrage stellen werden wir flexibler. Das ist vor allem dann wichtig, wenn uns das Leben vor Entscheidungen stellt, die wir eigentlich nicht umgehen können. Da schaffen wir es einfach nicht, uns aus einer ungesunden Partnerschaft zu lösen, halten an absurden Verhaltensweisen fest oder scheuen uns vor neuen beruflichen Wegen obwohl der alte Arbeitsplatz bedroht ist.
Wenn Du glaubst Du schaffst es hast Du recht, wenn Du glaubst Du schaffst es nicht hast Du auch recht.
Wenn wir immer dasselbe tun kann kaum Entwicklung in unserem Leben geschehen. Wir brauchen ab und an frischen Wind, auch um uns wacher zu fühlen, souveräner, einig mit uns Selbst. Es ist so, wenn ich Neues ausprobiere bin ich aufmerksam und konzentriert bei der Sache, weil ich mich ja noch nicht damit auskenne. Das führt dazu, dass ich in dieser Zeit keine Zeit habe, mir Gedanken um wenn und aber zu machen. Um seine Komfortzone zu verlassen ist es wichtig, immer mal wieder kleine Neuerungen in sein Leben einzubauen. Dann fällt es uns auch leichter wenn das Leben mal den ganz großen Sprung ins kalte Wasser von uns verlangt.
Hier ein paar Tipps, wie Sie solche kleinen Schritte gehen können:
- Nehmen Sie einen anderen Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen.
- Probieren Sie mal ein Getränk, das Sie sonst nie trinken würden.
- Testen Sie eine Sportart, die Ihnen normalerweise nicht liegt.
- Kaufen Sie sich eine andere Zeitschrift als sonst.
- Versuchen Sie, für eine Woche auf etwas Gewohntes zu verzichten, z.B. Fernsehen, Computer, die übliche Tageszeitung.
- Suchen Sie sich eine andere Samstag-Abend-Gestaltung aus.
Das Verlassen unserer Komfortzone erfordert Mut von uns, denn wir wissen ja nicht, was uns „da draußen“ erwartet. Womöglich lauern unangenehme Erfahrungen auf uns. Und da ist er auch schon, unser innerer Schweinehund. Er warnt uns vor dem neuen Schritt, will uns überreden, doch hier zu bleiben, wo es so schön kuschelig ist und uns nichts passieren kann. Alles so schön vertraut. Lassen Sie sich nicht von ihm umstimmen. Hören Sie ihm zu, er sagt Ihnen, wo Ihre Unsicherheiten sitzen. Stehen sie zu diesen Verletzlichkeiten, sie gehören zu Ihnen. Sagen Sie sich „Ja, ich bin ängstlich bei diesem Schritt, aber das ist nur eine Seite der Medaille. Mich erwarten neue spannende Erfahrungen.“
In diesem Sinne interessiert mich, wann Sie das letzte Mal über Ihren Schatten gesprungen sind? Wie waren Ihre Erfahrungen? Was hat es Ihnen gebracht?
Mit herzlichen Grüßen aus meiner Werkstatt
Ihre Elke Möckel